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Meine Oma hat Demenz: Ist sie jetzt ein Pflegefall?

Meine Oma hat Demenz: Ist sie jetzt ein Pflegefall?

Die meisten Menschen beschäftigen sich das erste Mal mit Demenz, wenn sie selbst die Diagnose erhalten oder eine angehörige Person betroffen ist. Oft werden frühe Symptome aus Angst oder Trotz nicht ernst genommen, wobei es wichtig ist, die Erkrankung früh zu erkennen. Nur so kann rechtzeitig eine geeignete Therapie und Beratung vorgenommen werden, sodass ein möglichst hohes Maß an Lebensqualität während des Krankheitsverlaufs erhalten werden kann. Da Demenz oft erst mit der Diagnose das erste Mal zum Thema wird, sind Erkrankte und Angehörige häufig organisatorisch, aber auch finanziell überfordert. Im fortschreitenden Verlauf benötigen Demenzerkrankte immer mehr Betreuungszeit und -aufwand. Wer übernimmt diese Verantwortung? Und welche Unterstützung kann man vom deutschen Sozialsystem erwarten?


Welche Pflegestufen werden bei Demenz anerkannt?

Das deutsche Pflegesystem unterscheidet Pflegebedürftigkeit in 5 “Pflegegrade” oder “Pflegestufen”. Dabei wird in Stufe 1 eine “geringe” und bei Stufe 5 eine “sehr hohe” Pflegebedürftigkeit eingeschätzt. Für das Beziehen von Pflegeleistungen von der Pflegeversicherung muss ein Pflegegrad-Antrag gestellt werden. Daraufhin wird eine Pflegebegutachtung, meist bei der betroffenen Person zu Hause durchgeführt, um den Pflegegrad festzustellen. Dabei wird anhand eines Punktesystems (0-100 Punkte) die Selbstständigkeit der pflegebedürftigen Person geprüft, die nach verschiedenen Kriterien bewertet wird [1]. Diese Kriterien sind:


  • Mobilität
  • Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
  • Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
  • Selbstversorgung
  • Bewältigung und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
  • Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
  • 

    Abb. 1 Gutachten-Kategorien für die Bewertung des Pflegegrads [1]

    Neben diesen Kategorien werden noch zwei weitere untersucht, die allerdings nicht in die Bewertung eingehen, sondern für die Planung des Pflegebedarfs erhoben werden: Außerhäusliche Aktivitäten und Haushaltsführung. Die verschiedenen Rubriken werden unterschiedlich gewichtet (siehe Abb. 1) und daraus eine Gesamtpunktzahl berechnet, woraus nach folgender Tabelle der Pflegegrad ermittelt wird:

     

    Grad der Selbständigkeit Punktezahl Pflegegrad
    Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit 12,5 bis unter 27 1
    Erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit 27 bis unter 47,5 2
    Schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit 47,5 bis unter 70 3
    Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit 70 bis unter 90 4

    Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung

    90 bis unter 100 5

    Tab. 1 Punktetabelle für die Bewertung des Pflegegrads

    Für Demenzerkrankte wurde die Pflegegradermittlung 2017 nochmals angepasst. Personen mit Demenz verlieren ihre körperliche Selbstständigkeit erst im Spätstadium und brauchen “eher Betreuung bei kognitiven, emotionalen und sozialen Themen” [1]. Durch die Anpassung werden nun psychisch Erkrankte und Personen mit Demenz weniger benachteiligt.

     

    Leistungen für jeweiligen Pflegegrad

    Von rund 1,6 Mio. Demenzerkrankten in Deutschland werden etwa zwei Drittel im eigenen häuslichen Umfeld gepflegt [2]. Neben stationären Pflegeeinrichtungen gibt es viele Möglichkeiten für pflegende Angehörige bei der Pflege entlastet zu werden, da sich mit fortschreitendem Demenzstadium der zeitliche Aufwand der Pflege immer weiter erhöht.

    Ambulante Pflegedienste betreuen Klienten in regelmäßigen Abständen in ihrem Zuhause. Zu ihren Tätigkeiten zählen Medikamentenvergabe, Durchführung von Tätigkeiten zur Körperhygiene, zum Essen und Führung des Haushalts.

    Stundenweise Betreuung wird in regelmäßigen Abständen durchgeführt (z.B. täglich), um gewisse Tätigkeiten in die Tagesstruktur des Demenzerkrankten zu integrieren. Dazu gehören neben Haushaltstätigkeiten auch das Leisten von Gesellschaft bei Freizeitaktivitäten und generelle Beschäftigung mit der erkrankten Person.

    Bei der 24h-Betreuung wird eine Pflegekraft in den Wohnraum des Demenzerkrankten gebracht, die für einen gewissen Zeitraum (bis zu 8h täglich) die ausführliche Pflege und Betreuung übernimmt. Diese Betreuung ist oft im späten Demenzstadium notwendig.

    Ersatzpflege bedeutet eine vorübergehende stationäre Unterbringung (Kurzzeitpflege) der demenzerkrankten Person, während sich pflegende Angehörige zeitweise erholen können. Die Pflege kann aber auch vertretungsweise durch jemand anderen im Zuhause der erkrankten Person erfolgen (Verhinderungspflege).

    Je nach Pflegegrad der Person mit Demenz besteht ein Anspruch auf diese Leistungen und diese können wiederkehrend beantragt werden. Folgende Tabelle bietet einen Überblick der Zuschüsse für die oben genannten Dienstleistungen, sowie für weitere Hilfen wie grundsätzliche Entlastungsbeiträge und Beratungskurse für pflegende Angehörige oder Zuschüsse für Pflegehilfsmittel:

     

    Leistungen (Pflegegrad PG) PG 1 PG 2 PG 3 PG 4 PG 5
    Pflegegeld (monatlich) 332 € 573 € 765 € 947 €
    Pflegesachleistungen (monatlich) 761 € 1.432 € 1.778 € 2.200 €
    Verhinderungspflege (jährlich) 1.612 € 1.612 € 1.612 € 1.612 €
    Kurzzeitpflege (jährlich) 1.774 € 1.774 € 1.774 € 1.774 €
    Entlastungsbetrag (monatlich) 125 € 125 € 125 € 125 € 125 €
    Tages- und Nachtpflege (monatlich) 689 € 1.298 € 1.612 € 1.995 €
    Pflegehilfsmittel zum Verbrauch (monatlich) bis zu 40 € bis zu 40 € bis zu 40 € bis zu 40 € bis zu 40 €
    Technische Pflegehilfsmittel Ja Ja Ja Ja Ja
    Hausnotruf (monatlich) bis zu 25,50 € bis zu 25,50 €  bis zu 25,50 €  bis zu 25,50 €  bis zu 25,50 €
    Anpassung am Wohnraum (je Maßnahme) 4.000 € 4.000 € 4.000 € 4.000 € 4.000 €
    Pflegeberatung, Beratungseinsatz Ja Ja Ja Ja Ja
    Pflegekurse für Angehörige Ja Ja Ja Ja Ja
    Pflegeunterstützungsgeld Ja Ja Ja Ja Ja
    Wohngruppenzuschuss (monatlich) 214 € 214 € 214 € 214 € 214 €
    DiPA (monatlich) Beratungskurse bis zu 50 € bis zu 50 € bis zu 50 € bis zu 50 € bis zu 50 €
    Vollstationäre Pflege (monatlich) 770 € 1.262 € 1.775 € 2.095 €

    Tab. 2 Pflegehilfsleistungen nach Pfelgegrad

    Es gibt vielfältige Angebote und Unterstützungsmöglichkeiten für Demenzerkrankte und ihre pflegenden Angehörigen seitens des deutschen Sozialsystems. Wichtig ist es, die Möglichkeiten zu kennen, die Erkrankung rechtzeitig festzustellen und die Hilfen wahrzunehmen.

     

    Quellen:

    [1] - https://www.pflege.de/pflegekasse-pflegerecht/pflegegrade/?CID=google_700000001562721.608242693.29594284379.603814560186.kwd-296454176859&gad_source=1&gclid=CjwKCAiA0bWvBhBjEiwAtEsoW_Jrsqq-F4yB-fSuGAneemkVi3e3H1sOk8JQHONtH0FJDq-n03w3FBoCmMsQAvD_BwE&gclsrc=aw.ds

    [2] - https://www.pflege.de/krankheiten/demenz/hilfe/demenzbetreuung/#:~:text=Laut%20der%20Deutschen%20Alzheimer%20Gesellschaft,den%20eigenen%20vier%20W%C3%A4nden%20durchgef%C3%BChrt